Januar – Rad des Lebens

Seit 28.12. bin ich wieder zurück aus Deutschland. So wichtig nehmen wir uns, so unbedeutend sind wir. Geburt und Tod sind so nah beieinander. Dies wurde mir bei der Trauerfeier meines Vaters wieder mal so richtig bewusst. Das Leben ist zu kurz für Streit und Unstimmigkeiten. Ein tägliches Lächeln ist so viel wert, es färbt auf unsere Mitmenschen ab und wir bekommen es tausendfach zurück.

Einen Menschen musste ich verabschieden, dafür durfte ich ein neues Leben begrüssen. Ich bin nun die glücklichste Oma der ganzen Welt und danke dem Universum für mein gesundes Enkelkind.


nun ist mir auch klar, warum Omas mehr Kilos um den Bauch haben –
der Kleine muss ja gemütlich liegen können

Wie schön ist es, wieder zuhause zu sein und von einem glücklichen Mann umsorgt zu werden. Am 01. Januar waren wir dann zum Essen bei unserem Herbert eingeladen. Leider begann an diesem Tag der heftige Regen. Um 17 Uhr beschloss ich dennoch, nach Değirmenyanı zu fahren. Als wir die Haustüre öffneten, goß es wie aus Kübeln. Mein Bauchgefühl sagte dreh um, doch ich setze mich mit meinem Dickkopf durch. Schon die Fahrt durch unser Dorf war ein Fiasko. Wassermassen ohne Ende, doch ich blieb stur. Seit Monaten haben wir eine Großbaustelle, kurz bevor wir von Hisarönü auf die Datca-Yol kommen. Die alte Brücke ist defekt und die Neue noch immer nicht fertig. Das kleine Flüsschen war zu einem reißenden Fluss geworden und das Wasser lief schon über die Behelfsbrücke. Ich war froh, als wir die andere Seite erreicht hatten, doch mein Bauch rebellierte. Nach einem gemütlichen Abend und einem wunderbaren Essen machten wir uns gegen 23 Uhr auf den Heimweg. Der Regen hatte etwas nachgelassen und wir wollten ins eigene Bett. Als wir zu besagter Brücke kamen, blieb mir das Herz stehen. Blaulicht und Bagger – alles stand unter Wasser und die Straße war gesperrt. Was nun? Es blieb nur der große Umweg über Icmeler, Turgut und Bayır. Ich fuhr ganz langsam, jede Sekunde auf einen Bergrutsch oder eine erneute Überschwemmung gefasst. Doch die Schutzgeister waren auf unserer Seite. Gegen 1 Uhr früh waren wir endlich nach eineinhalb Stunden  Umweg gesund zuhause. Nie wieder werde ich mein Bauchgefühl ignorieren und ich bin nur froh, dass wir dies unbeschadet überstanden haben.


so harmlos sieht es nun wieder aus, doch die Wassermassen bedeckten hier alles

Ganz Europa versinkt im Schnee, wir sind am erfrieren. Gestern hatte es Frost, im Haus gerade mal 8 Grad. Doch für jammern ist keine Zeit. Einheizen von früh bis spät, Wärmflaschen für die Katzen machen und bei starkem Regen nach neuen Rissen schauen, die das Wasser durchlassen könnten. Aber – wenn die Sonne kommt, ist alles vergessen. Und einen großen Vorteil hat die Kälte – eine Anti-Falten-Creme ist absolut unnötig, denn bei diesen Temperaturen strafft sich die Haut ganz von alleine.


Scheiben kratzen früh um 9 Uhr

Die erste Kältewelle ist durch und wir holen Luft. Im Garten haben wir die schon austreibenden Bäume und Sträucher geschnitten. Gleich sieht alles wieder richtig super aus. Und ich bin bei jedem Sonnenstrahl eifrig bei der Ernte.


Ungespritze Orangen – ein Traum


der Zitronenbaum platzt vor lauter Früchten


und immer ist es grün

Was macht man kurz vor dem Erfrieren in einer türkischen Küche? Backen, backen, backen! Gelüste hatte ich schon lange auf Kuchen, doch die häufigen Stromausfälle wegen Wind und Regen hielten mich immer wieder davon ab. Ein Anruf unserer Freunde aus Söğüt ließ mich jedoch alle Bedenken vergessen. Die sagten sich nämlich für einen gemütlichen Nachmittag bei Kaffee und Kuchen an. Somit begann ich mit dem ersten Kuchen. Und siehe da, die Küche wurde langsam wärmer. Dieses wohlige Gefühl wollte ich natürlich steigern. Mit einem zweiten und dann mit einem dritten Kuchen.


Apfelkuchen, Mohnkuchen und noch einen Rum-Nusskuchen

Es war ein gelungener Nachmittag in unserer „Großbäckerei“, von den vielen anregenden Gesprächen und den genussvoll verzogenen Gesichtern ganz zu schweigen.


am nächsten Tag mache ich dann gleich weiter mit „Brot backen“

 

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