Das Leben zehrt, doch nach jedem tiefen Fall ist ein Licht am Ende des Tunnels. Die täglichen Nachrichten hier machen mürbe und doch geben wir nicht kampflos auf. Am 02. Mai sind wir wegen des notariell zu beglaubigenden Mietvertrages für das Ikamet von Othmar nach Fethiye zu unserem Vermieter gefahren. Unseren Freund Metin haben wir als Übersetzer auf dem Weg dahin in Köyceğiz aufgesammelt. Er und seine Frau haben viele Jahre mit ihren beiden Kindern hier bei uns in Orhaniye gewohnt, sind deshalb auch sehr gut mit unseren Vermietern befreundet. Leider wurden auch sie vor vier Jahren hier von ihrem Vermieter aus dem kleinen Häuschen rausgemoppt und sind Richtung Ayden auf`s Land gezogen. Glücklich waren sie dort nicht und nun sind sie zurück in unsere Nähe. Immer wenn ich denke, es geht nicht weiter, kommt ein Helfer aus dem Universum. Was war ich froh, Metin samt seiner guten Laune ins Auto packen zu können. Unser Auto hat an diesem Tag natürlich nicht so gut funktioniert, es gab auf einmal immer wieder Schleifgeräusche, die mir die letzten – eigentlich nicht mehr vorhandenen – Nerven auf der Fahrt geraubt haben. Doch wir haben es geschafft in Fethiye anzukommen. Unser Vermieter hat uns freudig empfangen (kein Wunder, die monatliche Miete hat er ja jetzt von TL 3.000,– auf TL 15.000,– erhöht). Doch es ist Ausnahmesituation im ganzen Land und wir waren nur glücklich, als wir vom Notar den beglaubigten Vertrag für ein weiteres Jahr in der Hand hielten. Danach genossen wir einfach die türkische Gastfreundschaft bei unseren Vermietern (wir hatten noch ganz viele Erik (grüne Pflaumen) vom Baum gepflückt und mit Grüssen aus ihrem Garten überreicht. Da hatten wir wohl wieder einen Pluspunkt gemacht.
Am Rückweg – wieder mit Schleifgeräuschen – besuchten wir dann noch Metin`s neues Zuhause und die Familie. Es hat so gut getan, Menschen mit Verständnis und Empathie zu erleben – ein herzliches Dankeschön dafür nochmal zu Euch. Wir sehen uns bald wieder – mit dem versprochenen Käsekuchen.
Metin hat uns dann gleich noch in unserer Werkstatt in Marmaris angekündigt um dem Übel auf den Grund zu gehen. Doch wie das Leben so spielt, bei der Probefahrt war einfach nichts zu hören. Interessant war, dass unser Osman (Meister) erzählte, dass er gerade von uns gesprochen hatte, als der Anruf von Metin kam. Er meint, wir sind wirklich von Herzen verbunden. Gibt es das sonst noch wo auf der Welt?
seit 16 Jahren ist Osman jetzt bei jeder Reparatur an unserer Seite, ich denke er hat uns genauso ins Herz geschlossen wie wir ihn
Diese Hürde war also erst mal geschafft – Mietvertrag für ein weiteres Jahr. Um etwas zur Ruhe zu kommen, haben wir angefangen, unseren mittlerweile verwilderten Garten wieder etwas zu pflegen. Das macht den Kopf frei, für mich eine dringende Notwendigkeit.
Veränderung gehört zum täglichen Leben. Unsere alten Sonnenliegen sind seit Jahren mürbe unterm Baum gestanden. Es war an der Zeit, die Sicht zu verändern. Die Liegen sind im Müll, der neue Sitzplatz präsentiert einen ganz neuen Blick auf unseren Garten.
vor allem erspare ich mir nun den Blick auf die Straße und genieße die Weite in die andere Richtung
Ich versuche etwas zur Ruhe zu kommen, doch es fällt schwer. Am 16. Mai sind wir wieder nach Muğla zur Behörde und haben den notariell beglaubigten Mietvertrag vorgelegt. Diesmal hat uns unsere Freundin Sermin begleitet, die eigentlich viel im Ausland unterwegs ist. Wieder hat uns das Universum genau die Richtige geschickt. Sie hat uns seelisch unterstützt und vor Ort gut verhandelt. Auch die Mitarbeiter in der Behörde waren uns wohl gesonnen, sie sind wirklich genauso überfordert mit diesen neuen Regelungen. Das ist für mich Seelenbalsam, denn es geht um Politik und nicht um uns als einzelne Person. So hoffe ich einfach, dass sich in den nächsten Monaten wieder einiges verändert – vielleicht sogar zum Guten?
Ganz langsam atme ich durch, versuche täglich mich nicht verrückt zu machen. Zwischendurch gelingt es schon ganz gut, doch die Existenzangst sitzt im Nacken und meldet sich spätestens nachts mit Träumen. Plan B bleibt weiterhin zurück nach Deutschland. Doch…….. sicher noch nicht so bald. Für mich ist klar, wenn es so weit kommt, dann raus auf`s Land, egal wo. Spannend finde ich die vielen Wohngemeinschaften, die es gibt. Wenn – dann wünsche ich mir ein Leben in dieser Art. Wir haben gelernt mit Stromausfällen zu leben, Wasser zu sparen, 10 Grad im winterlich feuchten Haus auszuhalten. Und noch so vieles mehr. Hauptsache alternativ und weit weg von allem.
Doch bis dieser Zeitpunkt möglicherweise kommt, werden wir alles tun um hier in unserer Wahlheimat zu bleiben. Die Sonne, das Meer, die Gastfreundschaft, soviel an Reichtum, der uns jeden Tag hier begegnet. Gestern habe ich wieder frische Eier von den Nachbarn geholt. Die Nachbarin steht im Garten am offenen Feuer, im großen Topf kocht sie gerade für die Familie. Sie lacht mich an, lässt mich mit einem Löffel probieren und ich bin nur glücklich. Pilze mit Zwiebeln und frischen Kräutern. Das sind die wertvollen Momente im Leben, die vieles andere ertragen lassen.
Das Wetter meint es gut mit uns, nachts um die 20 Grad sind herrlich zum Schlafen. Tagsüber an die 27-32 Grad. Die Winterbetten raus zum Lüften, leichte Decken genügen nun.
unser Möpl hat da mit dem Lüften wohl was missverstanden 🙂
In meinem nächsten Leben mache ich keinen Umweg über Großstadt und Stress, ich bin einfach ein Landkind. Beim letzten Grillen mit Freunden hat mir Sermin eine große Tüte Haselnüsse vom Garten mitgebracht.
ich liebe das meditative Knacken, meine Gedanken wandern positiv umher, die Katzen liegen entspannt in der Nähe. Eigentlich kann das Leben so wundervoll sein, wenn man die kleinen großen Dinge mit offenem Herzen aufnehmen kann.
Und immerhin kam zum positiven Abschluß des Monats noch die auf 6 Monate geschrumpfte Aufenthaltserlaubnis für Othmar per Postauto.