Jeder Tag vergeht nun schneller. Mein Kopf wird immer voller. Unsere Nerven täglich dünner. Das nennt man wohl Endspurt. Die Schwierigkeit ist im Moment sich mit zwei Ländern zu befassen. Wie komme ich aus der Türkei raus? Wie nach Deutschland rein?
Der Berg wird täglich höher, doch die Steine die wir abtragen können, sind beachtlich. Ich sage mir jeden Tag auf`s Neue „nur nicht die Nerven verlieren“ da müssen wir jetzt einfach durch. Allerdings kommen wir physisch und psychisch immer öfter an unsere Grenzen, lernen uns gerade täglich neu kennen.
Hier in der Türkei müssen wir uns ordentlich beim Ausländeramt in Muğla abmelden. Erst mit der Bescheinigung können wir anschließend die Krankenversicherung kündigen.
Dazwischen habe ich immer öfter nachts einen gefühlten Ring unter der Brust der mich einschnürt, nicht schlafen lässt und mir Angst bereitet. Im Krankenhaus hat sich herausgestellt, daß mich ein Gallenstein quält, der die Ursache dafür ist. OP ist nicht notwenig, die hätte ich nach den Prognosen für das deutsche Krankensystem sofort noch hier gemacht. Aber unser Doc rät davon ab und ist der Meinung, nach zwei Monaten gezielter Behandlung mit Medikamenten müßte es besser sein. Danke Dr. Tolga – es ist jetzt schon viel besser.
Unser Auto muß dringend verkauft werden, Gebrauchtwagen werden in der Türkei sehr hoch gehandelt. Glück für uns mit unserem betagten Twingo, das Geld brauchen wir dringend für einen anderen fahrbaren Untersatz in Deutschland, um dort im Bayerischen Wald nach einem neuen Zuhause suchen zu können.
Es ist alles irgendwie unwirklich – als wir am Samstag in der Klinik zur Untersuchung waren, kam anschließend ein Interessent für`s Auto. Der war begeistert, hat mit seinem Freund in Bursa telefoniert und am gleichen Tag war schon die Anzahlung auf unserem Konto. Wir dürfen das Auto noch fahren, er kommt am 5. Mai mit dem Nachtbus aus Bursa (600 km entfernt). Dann geht`s gemeinsam zum Notar für den Verkauf. Die Überweisung von Bank zu Bank wird hier erst beim Notar gestartet, somit Sicherheit für beide Seiten. Wir sind gespannt, haben aber ein gutes Gefühl.
Ansonsten heißt es packen, packen, packen.
Möpl findet`s eher spannend
Am 19. April wurden wir von unseren Freunden in Söğüt zu einem Abschiedsessen in unserem ehemals geliebten „Denizkızı“ Restaurant direkt am Meer eingeladen. Mit rührenden Worten wurden wir verabschiedet und Othmar durfte dort noch einmal seinen Octopus vom Rost genießen.
da strahlt er wieder
Am nächsten Tag wird es wieder ernst. Unser Ofen wurde abgeholt, den unsere Freundin Fatma übernimmt. Wir hoffen nun für die letzten kurzen Wochen auf stabiles und warmes Wetter.
da geht er hin und wird nun unsere Fatma wärmen
Langsam sind wir Profis, das Haus wird täglich leerer.
dafür werden die Kartonreihen höher
Aber alles rächt sich im Leben. Ungewohnte Bewegungen, schwere Kisten und eine Bandscheibe, die nun streikt. Als Othmar unseren Ventilator im Wintergarten mit irren Verrenkungen abgebaut hat, war`s geschehen. Am nächsten Tag zum Chiropraktiker, der die verkanteten Wirbel wieder in Position gebracht hat. Leider war schon die nächste unbedachte Bewegung zuviel. Nun doch noch in die Klinik. Dort hat sich herausgestellt, daß eine Entzündung mit verantwortlich ist. Ansonsten sieht sein Knochengerüst – dem Alter entsprechend – eher gut aus laut dem Orthopäden. Nun gibt es wieder mal Tabletten und doch neuen Mut. Vorsicht ist nun sein Begleiter und ich übernehme die schweren Handgriffe – gemeinsam sind wir stark.
Doch immer wieder habe ich Bedenken ob ich das durchhalte. Erschöpft und müde schleppen wir uns durch die Tage und doch sind wir bestens organisiert. Trotzdem zehrt es ganz schön heftig an uns.
Es gibt natürlich auch die Glücksmomente. Bine kam aus Deutschland zurück und hat mir die neue Transporttasche für Möpl mitgebracht. Und die ist jetzt richtig groß und entspricht – bis auf 2 cm – exact den vorgeschriebenen Flugmaßen.
Juhu – er geht wirklich rein. Ob es an dem überreifen Camembert lag, den Bine dort kurz gelagert hatte? Neugierig umrundete er die Tasche, das ließ mich hoffen. Innen ist sie jetzt noch mit seiner Kuscheldecke ausgepolstert und mit Leckerli legt er sich sogar rein.
ich weiß, ich bin bescheuert, aber das versteht nur eine Tiermutter
Unser Lieserl muss hier bleiben und wird vom Nachbarn versorgt. Allerdings hat sie wieder eine Entzündung an den Zähnen, die schlechten Gene von der Mutter kamen wieder durch. Also zusätzlich noch mit Bine`s Unterstützung zum Tierarzt und nochmal drei Zähne ziehen lassen. Am Abend war sie fit und flitzt schon wieder draußen rum. Es war mir ein Bedürfnis, ihr noch Gutes zu tun, denn um Zähne kümmern sich die Nachbarn sicher nicht. Außerdem bekommt man all das Gute, das man im Leben gibt, wieder zurück.
Dazwischen Notartermin für den Agenten von der Spedition. Er benötigt eine Vollmacht, um unser Hab und Gut durch den Zoll zu bringen. So geht das jetzt fast täglich. Doch wir haben die besten Freunde an unserer Seite, die man sich wünschen kann. Menschen, die uns von Herzen zugetan sind und uns unterstützen. Schön, dass es Euch alle gibt und tausend Dank für Eure Unterstützung.
Das Alte muss weg um Platz für das Neue zu schaffen. Meine Kalender mit vielen Aufzeichnung von 2006 bis jetzt haben wir nun mit einem großen Feuer verabschiedet.
Es ist Zeit nach Vorne zu schauen, Vorfreude auf neue Abenteuer zuzulassen und mit vielen wunderbaren Erinnerungen an die Türkei nach bald zwanzig Jahren der alten „Heimat“ Lebewohl zu sagen. Mitte Mai ist es dann soweit und der One-Way-Flug zurück nach München startet mit uns und unseren beiden Fellnasen Möpl und Suse.