Februar – Gefühlschaos

Es geht rauf und runter – meine Gefühlswelt scheint gerade ein Eigenleben zu entwickeln. Ausnahmesituationen fordern alles und zwar in jeder Beziehung. Ich hangle mich durch die Tage und versuche, mich nicht von meinen Ängsten auffressen zu lassen. Der tägliche Wunsch, dem Gras beim Wachsen zuzusehen wird übermächtig.

Drei Wochen lang hatte uns die Kälte samt Poiras wieder mal im Griff. Jede Art von Aktivität geht Richtung null. Dieses Haus macht uns wirklich fertig mit eisig abstrahlenden Wänden und Feuchtigkeit. In einer Küche mit gerade noch 13 Grad streike ich mit kochen. Als mein Schlafzimmer bei 8 Grad Raumtemperatur angekommen war, bin ich ins Wohnzimmer geflüchtet.


so ist es auszuhalten, die Katzen dürfen nachts auch bei mir sein und genießen den Platz am Ofen


Geflüchtet bin ich zwischendurch zu Bine in ihr kleines Sommerhäuschen um mich aufzuwärmen und mir meinen Frust von der Seele zu reden. Stunden später ging es mit viel besserer Laune und warmen Knochen wieder nach Hause – Danke dafür, auch von Othmar 🙂

Haare schneiden war überfällig. Da ich vor dem Termin noch Zeit hatte, lief ich am Meer entlang. Dort haben wir uns am Strand vor vielen Jahren das Ja-Wort gegeben. Viele schöne Erinnerungen tauchen auf. Doch merke ich immer mehr, es ist ein endgültiges Abschiednehmen. Ich drifte geistig immer mehr weg, Deutschland kommt näher.


was für eine traumhafte Kulisse am frühen Morgen – wir durften es erleben


meinen kleinen Handarbeitsladen vermisse ich schon jetzt

Zwei Tage später war Othmar fällig. Das fand ich nun wieder lustig. Ihm wurden zum ersten Mal die Ohren gewachst und ich konnte mich köstlich amüsieren – trotz seiner Schmerzen beim Abzug des Wachses.


noch hat er ein Grinsen im Gesicht

Es wurde ernst – vom 19.-22. Februar waren wir in München um unser „vorübergehendes Zuhause“ am Ammersee in Inning zu begutachten. Gute Freunde haben uns überzeugt, daß ein Zwischenstop notwendig ist, um ein langfristiges Zuhause in Deutschland zu finden. Nach unserer Pirmasens-Erfahrung war das auch mir klar.


ein liebevoller Empfang an der S-Bahn nach einer 13-Stunden-Anreise


hier dürfen wir uns erst mal erholen, um die nächsten Schritte zu planen


was für ein sonniger Empfang auf „unserer“ Terrasse und dann gleich noch Besuch von unseren langjährigen Freunden am Nachmittag, die wirklich in nächster Nähe wohnen


der Ammersee direkt vor der Haustür


und ein sanftes Auffangnetz von guten Freunden und Familie – ich bin so froh, daß es Euch alle gibt.

Es ist ein riesen Schritt und doch wissen wir, dass wir ihn gehen müssen. Die Türkei ist dabei, uns mit Inflation und täglicher Preissteigerung zugrunde zu richten. Mietpreissteigerungen von 64 % sind für uns nicht mehr tragbar. Die Zitterpartien bezüglich der Aufenthaltsgenehmigung waren dann das endgültige Aus.

Die Entscheidung steht und……. es fühlt sich für uns richtig und gut an.


die Aussicht unsere Enkel und Kinder öfter erleben zu dürfen ist alles wert

Nun neigt sich auch dieser Monat dem Ende zu und es geht an`s Organisieren und dabei die Nerven zu bewahren. Das gilt überwiegend für mich. Othmar ist mein Ruhepol, der gerade heftig an meinem Gefühlschaos zu knabbern hat. Es wird ernst – der One-Way-Flug ist gebucht. Am 17. Mai geht`s von Dalaman mit zwei Katzen direkt nach München. Ich wünsche mir, daß die Zeit schnell vergeht, damit wir ankommen können in das Neue, das alt Vertraute, das Verschmähte und doch liebgewonnene tief verwurzelte Zuhause. Ich freue mich auf Dialoge in meiner Muttersprache, auf die Menschen die wir treffen werden. Wenn meine Ängste es gerade mal zulassen, dringt auch die Vorfreude auf dieses Abenteuer durch. Wir schätzen uns glücklich selbst entscheiden zu können, wo wir hingehen, was wir tun. Der Blick in diese Welt ist zwar erschreckend, doch abschrecken lassen wir uns nicht.

Unser gewünschtes Endziel ist der Bayerische Wald mit hoffentlich günstigen Mieten, viel Natur und bodenständigen herzlichen Nachbarn. Ich vertraue dem Universum und „fresse den Elefanten einfach Stück für Stück“.

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