Schockstarre

Da hatte ich mich wohl zu früh gefreut. Trotz positiver Einstellung machte sich der Infekt in uns breit. Heftiger Reizhusten, Fieber, Gliederschmerzen – das volle Programm. In der Klinik wurde uns dann Antibiotika verschrieben. Ich hasse es, doch ich bin auch dankbar, denn von alleine geht da nichts mehr weg. Bei mir stellte sich nach einer guten Woche langsam Besserung ein, Othmar quälte sich drei Wochen und konnte nur noch im Sitzen schlafen. Ganz langsam kehren wir zurück und jetzt am Ende des Monats spüren wir unsere Lebensgeister wieder.

Die Temperaturen spielen mittlerweile verrückt. Mal Lodos mit warmem Südwind (23 Grad), mal Poiras der eisige Kälte bringt (8 Grad). Am 04. Oktober hat es dann noch gebrannt in Orhaniye unten beim Meer. Es ist alles immer noch strohtrocken und ein kleiner Funke hat genügt. Dank einer gut funktionierenden Feuerwehr war es aber bald gelöscht.

Dazwischen schleuderte unsere Waschmaschine unkontrolliert. Ein Service ist nach 15 Jahren nicht mehr möglich, da keine Ersatzteile zu beschaffen sind. Also musste eine Neue her.


Vorteil – sehr leise und beim Schleudern steht sie ganz still

Am 13. Oktober begann endlich nach langen Monaten der Regen. Richtig heftig und viel. Und das nun alle paar Tage. Die Natur verändert sich rasend schnell, alles ist grün, wächst und gedeiht. Wir hoffen, dass die Wasserspeicher in den nächsten Wochen nun alle wieder gut gefüllt werden, denn der nächste trockene Sommer steht ja schon fast vor der Tür.


unser kleiner Zitronenbaum platzt heuer vor lauter Früchten


nun wird auf Winter umgestellt, der dicke Teppich macht eine ganz andere Atmosphäre und unser Holzofen wurde am 15. Oktober eingeheizt


der Wintergarten bekam neue Bambusrollos – es ist nun total gemütlich

Mit Freude habe ich festgestellt, dass unser Nachbar den alten Plastikpool wiederbelebt hat. Bei ihm dient er nun als Abdeckung und an der Türe als kurioser Regenschutz.


so geht Nachhaltigkeit

Seit einigen Wochen ist er nun bei uns. Mein erster Gedanke war „frech wie Oskar“ und so heißt er nun auch. Er bringt mich immer noch zum Lachen, wächst und gedeiht prächtig. Ins Haus darf er nicht, da passt unser eifersüchtiges Lieserl auf. Doch er hat sich den Eingangsbereich erobert und somit klappt das ganz gut.


ihm kann ich wirklich beim Wachsen zuschauen


mit unserer Finnie verträgt er sich bestens und die Beiden haben viel Spass zusammen

Im Leben kommt ja immer alles anders als man denkt. Das haben wir jetzt auch erleben müssen und seitdem liegt es mir wie ein Stein im Magen. Mit unserer Wohnsituation kämpfen wir ja schon eine Weile. Das Haus ist nicht isoliert und hat kein Dach. Wir werden älter und sehnen uns nach mehr gleichmäßiger Wärme im Haus. Da sich in den letzten drei Jahren die Mietsituation hier sehr verschlechtert hat, haben wir beschlossen weiter in Orhaniye zu bleiben. Unser zehnjähriger Mietvertrag läuft im August 2024 aus.

Somit wollten wir jetzt langsam in neue Verhandlungen treten. Unsere Idee war, das Haus außen zu dämmen und das Dach ebenfalls gut zu isolieren. Natürlich auf unsere Kosten, da die Mietpreise mittlerweile explodieren. Unser Vermieter kam deshalb zu Besuch, unsere Bilge hat übersetzt. Sie unterbreitete unser Anliegen in einem langen Gespräch. Das Ende hat uns dann erst mal in Schockstarre versetzt. Er möchte uns natürlich als Mieter behalten, wir pflegen das Haus ja ab dem ersten Tag und kümmern uns um alles – auf unsere Kosten wohlgemerkt. Wir haben natürlich mit einer Mieterhöhung gerechnet und uns gedacht, der doppelte Betrag ginge in Ordnung.

Aber weit gefehlt. Unser Vermieter ist der Ansicht, dass er durch die Inflation die Miete um das Siebenfache! erhöhen muss. Das hat uns erst einmal die Sprache verschlagen und so gingen wir ohne Einigung auseinander. Wir hatten deutsch gedacht, wollten mit einer Aussenisolation in das Haus investieren, um es zu erhalten und den Wert zu steigern. Er dagegen sieht aber nur seine unaufhaltsam ansteigenden Lebenshaltungskosten, die er kompensieren muss. Wir sind aber nun mal Rentner und keine reichen Ausländer, die ihn über Gebühr unterstützen können. Somit versuchen wir jetzt erst mal, das Gesagte zu verdauen.

Im Frühjahr werden wir nochmal in neue Verhandlungen treten und hoffen, dass wir uns irgendwo in der Mitte treffen können. Ich beneide jeden mit eigenem Grund und Boden, doch das haben wir leider nicht geschafft.

Nun halten wir die Augen nach einem Plan B offen und hoffen, dass es ein gutes Ende nimmt. Für mich eine tägliche Herausforderung, die mir viel Seelenpein beschert. Doch ein Blick in diese Welt zeigt mir, ganz vielen Menschen geht es wirklich elendig. Da werden wir doch unser „kleines Problem“ irgendwie lösen können. Denn – wir haben noch die Möglichkeit, selbst etwas zu entscheiden. Bei den Opfern von Naturkatastrophen und Krieg sieht das anders aus. Und so versuche ich weiterhin positiv in die Zukunft zu schauen. Hauptsache wir bleiben erst mal gesund, der Rest wird sich finden.

 

 

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