Mai – Vergänglichkeit

Alt werden hat einen großen Vorteil – endlich viel Zeit zum Nachdenken zu haben. Warum nimmt sich der Mensch immer so wichtig? Letztendlich ist er ein Nichts in diesem großen Universum. Und trotz dieser Erkenntnis gelingt es nicht, in unserer kurzen Zeit hier auf Mutter Erde gut miteinander umzugehen. Schaue ich auf die weltweite Politik, wird mir einfach übel. Statt mitzuhelfen, die zu unterstützen, die es wirklich nötig haben, wird noch mehr versucht sie unten zu halten. Es geht um Macht, um Gier, um das blanke Ego. Menschen mit Gefühlen sind egal, sollen sie doch zugrunde gehen. Es sind sowieso zuviele auf dieser kleinen Welt. Diese Erkenntnis erschüttert mich immer wieder, sicherlich bis zu meinem letzten Atemzug. Um in den Strudel aus Hass und Egoismus nicht hineingezogen zu werden, ziehe ich mich wieder zurück in meine kleine Welt, denn da gibt es noch Zuneigung und Liebe.

Nachdem unser kleiner Wanderweg vom Haus weg nun mit einer Mauer dicht gemacht wurde, gehen wir halt in die andere Richtung. Der Friedhof ist immer ein gutes Ziel. Ich liebe diese Natur ringsherum, diese Einfachheit, diese Nähe zu Mutter Erde. Hier fühlt es sich noch archaisch an, hier dürfen auch Unkräuter einfach wachsen. Ja, da könnte man sich vieles für`s eigene Leben abschauen.


ein Besuch bei unserem Özgür tut gut, Erinnerungen kommen hoch und in mir formt sich der Gedanke – du hast es geschafft!


wer darf hier wohl als nächstes seinen Weg über den Regenbogen antreten?

Für mich gehört das Sterben zum Leben, ich will und kann auch darüber sprechen. Denn wenn man schon einen lieben Menschen verliert, sollte man vorbereitet sein. Zumindest in Gedanken.

Doch nun zum Leben. Dieser Mai ist unglaublich, die Temperaturen fantastisch. Zwischen nachts 18 Grad bis tagsüber an die 25 Grad. Und endlich Regen – immer wieder in diesen Wochen. Man sieht richtig, wie sich die Natur entfaltet. Wasser ist ein Geschenk für uns alle.


für mich ein Seelenbalsam

Was macht man an einem Wahlsonntag? Sich ablenken mit den spannenden Dingen des Lebens. Unsere Bine sucht ein Wohnmobil und war schon in Verhandlung mit einem Verkäufer. Nun sollte es endlich in natura begutachtet werden. Klar sind wir dabei und fahren Richtung Çetibeli, das ist ca. 40 km entfernt. Soviel Natur, sowenig Autos. Ganz versteckt war unser Ziel, das wir nach dem zweiten Anlauf dann gefunden haben. Der Besitzer ist ein begnadeter Bastler, der viele Details liebevoll eingebaut hat. Am meisten hat mich fasziniert, dass der hintere Teil für das Bett zusätzlich ausgefahren werden kann. Die Lackierung ist einmalig und erinnert an längst vergangene Hippi-Zeiten.


Nun muss in aller Ruhe das Für und Wider abgewogen werden, doch der Ausflug war es auf jeden Fall wert. Den krönenden Abschluss machten wir dann bei strahlendem Sonnenschein im „Restaurant Çağlayan“,  die uns fantastisch frische Forellen serviert haben. Ich war im siebten „Fischhimmel“, da ich doch normal keinen Meerfisch zwecks Amalgambelastung essen darf. Danke für diesen wunderschönen Tag, das war Balsam für Leib und Seele.

Mein Gefühl riet mir, das Feuerholz für den nächsten Winter doch schon mal jetzt im Frühjahr zu besorgen. Die Inflation geht rasant nach oben und wie sagte schon die Oma „wos ma ham, des hamma“.  Also bestellt, fünf Wochen gewartet und dann kam unser „Oduncu“ mit 2,5 t bestem Holz. Ideal klein geschnitten für unseren Ofen. Diesmal hatten wir eine neue Technik für`s Einräumen mit großen Plastikkörben. Ich fülle, Othmar schichtet. Kaum drei Tage später war alles winterfest im Depot verräumt und kann nun in den heißen Monaten noch gut trocknen. Wieder was gelernt.


er schaut wohl etwas kritisch, aber es ging uns diesmal wirklich gut von der Hand

Ansonsten wird immer noch gebaut, jeder hat es nun satt bis oben hin. Bei uns fuhren die Betonlaster bald täglich hoch, obwohl jede Fahrt nach oben eine Herausforderung für den Fahrer sein muss. Die Straße ist einfach zu schmal für diese Aktionen. Ich dachte ja immer, unsere Nachbarn ruhen so in sich und halten wirklich alles aus. Doch ich habe mich wohl getäuscht. Als ich den Müll zum Container bringen wollte, blieb mir wieder mal der Mund offen. Große schwere Steine waren als Blockade auf der Straße verteilt.

Nun wird`s spannend, wenn ich aus unserem Parkplatz auf die Straße will. Rückwärts konnte ich da nicht mehr durch, es war sogar für unseren kleinen Renault Twingo zu eng. Also nach oben fahren und dort umdrehen. Was wir da sahen, war einfach nur furchtbar. Einer baut eng an den anderen, da bleibt mir schon beim Hinschauen die Luft weg. Inzwischen gab es große Diskussionen, dann räumt jemand die Steine aus dem Weg – und am nächsten Tag sind sie wieder verteilt.


David gegen Goliath

Mittlerweile hat sich alles beruhigt, die Steine wurden wieder an den Straßenrand verbannt und die Lastwagen fahren weiterhin munter rauf und runter.

Bei uns gibt es immer mehr Katzen. Kein Wunder denn man müsste kastrieren, was aber meist keiner macht. Für uns mit drei Katzenmädchen heißt das, permanent rollige Kater am Haus, die draußen alles markieren und jämmerlich schreien. Für den Winter hatte ich das Problem mit der Katzenklappe samt Chip gelöst. Das funktioniert gut und unsere Katzen gehen alle durch. Nett anzuschauen, wenn ein rolliger Kater vor der Klappe steht und nicht rein kann. Ja, da kommt Schadenfreude hoch, ich habe auch lange und geduldig mit unseren Katzen trainiert. Nur – wie lösen wir nun das Problem für den Sommer? Dafür hatte natürlich Othmar eine gute Idee, die wir dann umsetzten. Die untere Hälfte im Wintergarten ist nun fest mit feinmaschigem Gitter verschlossen und die Luft kann an heißen Tagen zirkulieren. Am Eingang ein entsprechendes Gitter angebracht und das Problem ist gelöst.

Lustig ist immer, wenn die Katzen innen am Gitter sitzen und rausschauen. Sie wissen mittlerweile, dass kein rolliger Kater mehr rein kann, denn nur sie können durch den gechipten Eingang. Und wenn ich ganz genau schaue, sehe ich sogar leichte Schadenfreude in den lustigen Katzengesichtern.

Nun machen wir einfach weiter wie bisher – ein Schritt nach dem anderen. Sind offen für alles Neue, was da auf uns zukommt. Und wenn die Zeit reif ist, werden wir die nächste Veränderung angehen.

 

 

 

 

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