Februar – Blankes Entsetzen nach Stärke 7,7

Nun erwischt uns die Kälte doch noch – zu früh gefreut. Nachts geht`s Richtung Null  Grad, tagsüber an die 10-12 Grad bei strahlendem Sonnenschein. Wieder rächt sich das Sommerhäuschen ohne Dach und Isolation. Im Schlafzimmer gerade noch 7 Grad tun einfach weh. Doch mit Luxusartikeln wie Heizdecke und Klimaanlage ist es dann doch auszuhalten – wie jedes Jahr halt.

Am 03. Februar sehe ich nur noch eine große unnatürlich gelb gefärbte Wolkenfront auf uns zukommen. Schnell noch alles in Sicherheit gebracht und abwarten. Ein heftiges Gewitter mit Regen geht über uns hinweg und tobt die nächsten Stunden durch.


in Bozburun war durch einen heftigen Hagelschauer innerhalb von Sekunden alles weiß

Die Tage fordern unsere ganze Energie, um die Kälte auszuhalten. Doch der strahlend blaue Himmel samt Sonne entschädigen uns jeden Tag und in Marmaris geht`s nach Erledigungen ins Cafe.


bei heißen Getränken im „Kahve Dünyası“ geniessen wir – ganz alleine – die ruhige Atmosphäre


unser Möpl zieht indessen den sonnigen Platz auf dem Vordach vor

6. Februar, 4.17 Uhr
Ein Erdbeben der Stärke 7,7 hat in der türkisch-syrischen Grenzregion das Grauen gebracht. Das Beben hat gigantische Schluchten aufgerissen, Häuser wurden zu Massengräbern und stürzten wie Kartenhäuser zusammen. Überall Tote, Verletzte, Verschüttete. Nur langsam wird das Ausmaß bekannt, das Entsetzen täglich größer. Ein Nachbeben jagt das Nächste, kein Ende in Sicht. War am ersten Tag noch von 186 Toten die Rede, ist jetzt –  nur eine Woche später – der Stand schon bei über 40.000 und täglich werden es mehr. Unvorstellbar was diese Menschen ertragen müssen. Viele hätten mit erdbebensicheren Häusern überleben können. Aber…… es ist müßig, Worte darüber zu verlieren. Es lässt uns nicht los, bestimmt unseren Alltag. Die Gefühle wechseln zwischen Hilflosigkeit und Wut. Wann ist Istanbul dran? Es kostet unendlich viel Kraft, in das eigene kleine Leben zurückzukehren. Was für lächerliche Problemchen haben wir dagegen zu bewältigen! Jeden Morgen zünde ich unseren Ofen an, sehe dem Feuer beim Erwachen zu und denke mit schlechtem Gewissen an all die frierenden Opfer, die Sterbenden ohne Hoffnung. Unglaublich was die Helfer aus aller Welt nun leisten um das Leid unter Einsatz des eigenen Lebens zu lindern.


diese Ilustration von Christos Papanikos aus GR sagt mehr als tausend Worte

Es sitzt tief, lässt nicht los, beschäftigt uns. Bei mir mischt sich Wut, Trauer und Angst, sie bestimmen jetzt jeden Tag. Wieder ist es ein Kraftakt, ins eigene glückliche Leben einzutauchen, es zuzulassen auch mal zu Lachen, Freude zu haben. Da ich das Leid nicht ändern kann, lasse ich den Alltag nun langsam wieder Einzug halten, denn anders ist es nicht auszuhalten.

Die Kälte hatte uns diesmal nur vier Wochen im Griff, allerdings mit viel zu wenig Regen. Die Depots sind noch lange nicht gefüllt, das Wasser wird immer weniger. Dürre ist keine Fiktion mehr sondern Realität. Was kommt da noch auf uns alle zu? Trotzdem oder gerade deshalb geniessen wir die aufkommende Wärme sowie jeden Sonnenstrahl. Im Garten ist alles grün, es blüht wohin das Auge schaut. Um diese Jahreszeit schon so häufig im Liegestuhl die Sonne zu spüren ist echter Luxus. Das Leben muss weitergehen, wie – das entscheiden wir.

Als Tourist in Marmaris – Bine musste ihr Auto zur Reparatur bringen und ich war zum Zeitvertreib dabei. Keine Liste mit Erledigungen, keine wichtigen Termine. Alles ist noch so ruhig vor dem großen Ansturm der Urlauber. Wir ließen uns durch die Gassen treiben, gingen in`s Cafe zum Weiberratsch und genossen die gemeinsame Zeit. Und nach siebzehn Jahren habe ich es wirklich geschafft, die Burg in Marmaris zu inspizieren.


es war wirklich ein wohliges Urlaubsgefühl


die Burg weckte viele Erinnerungen an vergangene Reisen


alles so edel und hochinteressant

Nun beende ich diesen traurigen Monat und bin bereit, mich in den Nächsten mit vielen positiven Gedanken reinfallen zu lassen. Es bleibt spannend – im Guten wie im Schlechten.

 

Dieser Beitrag wurde unter Alltag in Orhaniye 2023 veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.