Juli – Seelenpein

Der Juli macht weiter mit Hitze. Es ist wohl sehr anstrengend permanent mit ca. 35 bis 40 Grad tagsüber und nachts im Haus nicht unter 26 Grad zu leben, doch durch die Gleichmäßigkeit fahren wir sämtliche Aktivitäten runter. Keine Temperatursprünge wie in Deutschland, die ich immer als sehr anstrengend empfand. Leider auch kein Tropfen Regen in Sicht, den wir doch alle so dringend benötigen. Die Natur ächzt unter der Hitze und ein Funke genügt, um ein erneutes Inferno zu entfachen.

Ich liebe es daher, mich zurückzuziehen. Zu spüren, dass ich das einfache Leben und die Ruhe geniessen kann. Die Treffen mit guten Freunden sind gerade eine Rarität, da sich auch keiner so richtig aufraffen kann. Dafür ist das Verständnis für den Anderen riesig, da wir alle jedes Jahr das Gleiche durchleben.

Seit Wochen haben wir nächtlichen Besuch im Wintergarten von einem fremden Kater. Er ist so clever und wartet, bis wir endlich im Bett sind. Unsere Katzen trauen sich nicht mehr rein, nur „er“ liegt wie der Pascha da. Wer nachts von uns zum Pinkeln geht, wirft schon automatisch einen Blick hinaus und verjagt ihn. Fangen war das nächste Ziel. Doch selbst zu Zweit hatten wir früh um 2 Uhr keine Chance und gaben uns geschlagen. Allerdings schwelte meine Wut immer mehr und raubte mir den Schlaf. Ändere die Dinge, die du ändern kannst. Ja – eine Katzenklappe mit Mikrochip könnte die Lösung sein. Da wir noch eine manuelle Klappe hatten, wurde diese jetzt am Wintergarten eingebaut. Nun trainiere ich die Katzen geduldig mit immer mehr Schwierigkeitsgraden, damit sie durch die Klappe gehen. Das geht soweit ganz gut, doch der Fremdkater ist auch nicht blöd. Er hat das gleich gecheckt und sein warmes Bett genossen. Nun – drei Wochen später – ist die Klappe zu und die Katzen müssen sie aufdrücken. Das finden sie noch nicht so toll bis auf unseren Möpl. Der Fremdkater war allerdings auch nur noch zweimal hier und ich bin zuversichtlich. Wenn unsere Bine aus D zurück ist, werden unsere Katzen beim Tierarzt gechipt und dann wird die neue Mikrochipklappe eingebaut. Ich lerne wieder mal, wie schwer mir die Geduld fällt. Doch es kann nur besser werden und ich hoffe, dass unsere Fellnasen bis zum Herbst die Klappe angenommen haben.


Lieserl war gleich die Cleverste


üppige Natur – unsere Yucca-Palme hat heuer sechs Blütenständer

Kurban Bayram – vom 09. bis 17.07. ist diesmal frei, das heißt jeder besucht jeden, Familie, Freunde, Bekannte. Für uns bedeutet das „freiwilliger Lockdown“. Keiner von uns geht in dieser Zeit gerne raus, eingekauft wird nur, was dringend nötig ist. Die Strassen sind voll mit Autos, Menschenmassen wohin man schaut. Das ist der Nachteil, wenn man in der schönsten Urlaubsecke der Türkei lebt. Doch – auch das geht vorüber.

13.07. Es brennt schon wieder. Diesmal in Datça Mesudiye. Wir verfolgen die Nachrichten und halten die Luft an. Ist das nun unser Alltag? Wie immer entfacht der Wind die Flammen und es dauerte einige Tage, bis das Feuer unter Kontrolle war. Doch für die Schäden an der Natur und den Tieren war das zu spät.


unter Einsatz ihres Lebens sind die Helfer zu allem bereit


doch schon ist das Ausmaß zu sehen


wieder bleibt nur verbrannte Erde zurück


mit blutendem Herz versucht er verzweifelt die schwelenden Feuer zu löschen


Und doch gibt es Hoffnung – wieder ist ein Tier gerettet und wird liebevoll gepflegt

Wir machen einen Tag nach dem anderen, sind froh wenn wir soweit gesund sind und träumen nun schon manchmal von einer Fleecejacke. Allerdings wollen wir ans Heizen noch nicht denken. Ich habe die aktuellen Holzpreise eingeholt. Letztes Jahr haben wir für 1 t Eichenholz noch TL 950,– bezahlt. Nun verlangen sie dafür TL 3.250,–!! Wer kann sich das noch leisten? Selbst Pinienholz liegt schon bei TL 2.500,– (letztes Jahr noch TL 750,–). Da werden wir uns nochmal Gedanken machen müssen. Ich dachte nach den Bränden und dem Abholzen ist zumindest Pinienholz überreichlich und vor allem günstig da? Ich verstehe die Welt wirklich nicht mehr.

Skorpion – mir graut und ich bin bei dem Anblick sofort im steifen Schockzustand. Vor der Haustür war so ein Prachtstück. Da ich keinen Kopf gesehen habe, war ich sicher, dass er tot ist. Allerdings stand der Schwanz mit Stachel noch aufrecht. Verzweifelt rief ich Othmar. Der klärte mich auf, dass diese Art einen ganz winzigen Kopf hat und….. dass er lebt. Othmar hat ihn über den Regenbogen befördert und mich hat es nur gewürgt.

Am 29.07. trafen wir uns wieder mit unserer Bilge zum Schwimmen in Delikyol. Um 8.30 Uhr schon im warmen Meer zu sein ist fantastisch. Meist geniessen wir es eine Stunde und gehen dann gemütlich Frühstücken. Wenn die Touristen langsam kommen, fahren wir erfüllt nach Hause. Gegen 16 Uhr hören wir, dass es in İçmeler schon wieder brennt. Unverständlich, da letztes Jahr doch schon soviel abgebrannt ist. Leider hat es sich sehr bald bestätigt und die Sorge um Bilge und ihre Familie wuchs mit jeder Minute. Wie sich herausstellte, nicht unberechtigt.

Ein Ast von einer Kiefer ist abgebrochen und auf ein Stromkabel gefallen. Das hat genügt einen Großbrand auszulösen. Dabei entzündeten die Flammen durch die Wucht des Windes das Dach der 7. Etage des Marmaris Turizm Meslek Yükseokulu Uygulama Oteli.


so hat es einige erwischt


Letztes Jahr hatten sie die Flammen schon so nah. Jetzt erneut und noch näher (im Vordergrund das Haus von Bilges Familie). Das Gewächshaus fiel dem Feuer zum Opfer, alles voller Ruß und Staub. Bäume wurden im Schnellverfahren gefällt, Hubschrauber und Feuerwehr im Dauereinsatz. Erneute Seelenpein, die sich tief eingräbt. Wieviel kann man davon aushalten?

Genau ein Jahr ist es her, dass unsere Heimat brannte.


der Schmerz sitzt tief und wird immer wieder entfacht

Doch das Leben ist zu kurz, um sich nur zu sorgen.
Darum lassen wir uns nicht unterkriegen und versuchen es nach dem Motto…
Sorge dich nichtlebe heute!

 

 

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