März – Mutlos

Ich begreife sie nicht – die Spezies Mensch? Was treibt sie an? Krieg, Macht, Zerstörung! Ich fühle mich klein, hilflos. Wie soll ich mir täglich Mut zum Leben machen beim Blick in diese Welt? Alt werden hat Vorteile – leider auch Nachteile. Ich sehe heute Zusammenhänge, die mir in jungen Jahren verwehrt blieben. Da war Anderes zu bewältigen. Nun aber habe ich Zeit zu schauen, zu spüren, zu erfahren. Und genau das macht mich traurig, denn ich sehe die Welt und die Menschen, wie sie in ihrer Schonungslosigkeit eigentlich sind. Täglich mehr entsetzt mich die Uneinsichtigkeit des Menschen. Das Trinkwasser wird knapp und zwar weltweit. Ich warte auf einen Aufschrei, doch nur wenige kümmert es. Was man nicht sehen will, macht man halt unsichtbar. Abfallberge, die unsere sogenannte Wohlstandsgesellschaft produziert, überlassen wir großzügig den armen Ländern. Aus den Augen, aus dem Sinn. Wir stellen uns über alles, weil wir meinen so „gebildet“ zu sein. Nein, das sind wir leider nicht. Wir sind Egoisten auf höchstem Niveau, die nur das Heute sehen. Die Zahl derer, die dies durchschauen ist dagegen verschwindend gering. Es wird alles dafür getan, damit sie ja nicht gehört werden. Denn sonst müssten wir aktiv werden, uns verändern. Sogar reduzieren. Die Krönung sind dann noch die locker zur Verfügung gestellten 100 Milliarden Euro für Rüstung. Für Pflege, Ärzte, Personal dagegen gibt es bis heute nichts! Marode Schulen und veraltete Bildung bleiben wie sie sind, es ist ja kein Geld da. Und zu allem Überfluß werden täglich Tonnen an guten Lebensmitteln einfach auf den Müll geschmissen. Ich bin einfach nur noch wütend, doch es war wohl immer schon so. Nur dringt dieses Wissen jetzt tief in meine Seele und das tut richtig weh.

Also schwenke ich wieder um in meine kleine Blase und befasse mich mit dem täglichen Allerlei. Es ist immer noch eisig kalt nachts, mehr als tagsüber max. 15 Grad sind nicht zu schaffen. Dazu tagelanger Regen – notwendig, aber kein Stimmungsaufheller.

Und damit ich ja nicht die Gute-Laune-Leiter zu hoch steige, kam auch wirklich noch die Zylinderkopfdichtung für unseren Twingo dazu. Zwei Tage musste er in die Werkstatt. Mit aktuellen Fotos der kaputten Teile wurden wir auf dem Laufenden gehalten. Doch nun ist endlich alles repariert für gerade mal € 300,–. Die Fahrten während der Reparaturzeit ins Dorf und zurück machten wir mit den öffentlichen Bussen. Die sind auch für uns – da über 65 – kostenfrei. Danke an die Gemeinde.

Der nächste Alptraum – unsere neue Katze Finnie wurde doch noch rollig. Eigentlich sollte die OP schon vorbei sein, doch da kam das defekte Auto dazwischen und ich saß hier fest. Somit hatten wir eine Woche Chaos hier. Die Kater standen mit stolz gereckten Schwänzen sabbernd um sie herum. Der Wintergarten wurde 24 Stunden belagert und klein Finnie musste dran glauben. Meine Nächte habe ich natürlich wieder mal im Wohnzimmer verbracht und zumindest versucht, die testosteron gesteuerten Kater in Schach zu halten. Möppl, Lieserl und Suse brachten sich in dieser Zeit bei mir im Haus in Sicherheit. Am 08. März hatten wir endlich einen Termin bei der Gemeinde und sie wurde kastriert.


Erholung nach der großen OP


da sie nicht springen sollte, hab ich ihr eine Treppe zu ihrem Iglu gebaut

Am 20. März habe ich mich dann auch noch mit einem Virus infiziert, der mir sämtliche Energie raubt. Es hat einige in unserem Bekanntenkreis erwischt und ich hoffe, dass es bald aufwärts geht.

Was für die einen neue Klamotten oder Schmuck sind, ist für mich ein kuscheliges Zuhause. Natürlich auch für meine Fellnasen. Ich war der Meinung, Finnie – die die Höhe liebt – braucht einen neuen Korb.


den hat erst mal Lieserl mit Begeisterung eingeweiht, dieses Material lieben sie einfach


nun kann auch ich wieder lachen, denn Finnie hat so einen Spass mit ihrem neuen Heim und blickt nun gnädig auf alle von oben herab

Es wird immer noch wie verrückt überall gebaut. Die Straßen in den Dörfern sehen aus wie nach einem Bombenangriff. Dreck wohin man schaut. Aufgerissen ist alles schnell, doch mit dem Aufräumen hapert es gewaltig.


selbst vor dem Sumpfgebiet in Hisarönü wird nicht halt gemacht

Nun endlich am 25. März hat das Wetter umgeschlagen. Nachts wohl noch unter 10 Grad, doch tagsüber bis auf 18-20 Grad. Wir atmen durch, heizen seit drei Tagen nicht mehr.


das tut nur gut


und die Bienen summen im üppig blühenden Rosmarien

Dieser Ukraine-Krieg hat auch mich verändert, gibt mir viel zum Nachdenken. Ich spüre, dass meine positive Einstellung gerade etwas im Keller ist. Doch das darf nicht passieren. Den mit einem Lächeln und Freude im Herzen lebt es sich einfach leichter. Da die Hoffnung zuletzt stirbt, hoffe ich trotz allem, dass ein friedliches Miteinander in dieser Welt möglich ist.

 

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