Juli – Freiheit

Unglaublich aber wahr. Seit 1. Juli sind sämtliche Corona-Einschränkungen – bis auf die Maskenpflicht – aufgehoben. Wohin mit diesem Gefühl, das mir fast das Herz vor Freude zerreisst? Erst mal bekommt Othmar die zweite BionTec Impfung verpasst. Dann raus in die Freiheit, das erste Abendessen mit Freunden am Meer. Gemütlich plaudern ohne den permanenten Blick auf die Uhr. Wie schön das Leben doch sein kann. Die nächste Tour gleich nach Söğüt zu unseren Freunden mit einem herrlich chinesischen Essen im Lotus Restaurant. Nachts dann zurück nach Orhaniye, ich muss es erst wieder lernen so ohne Tageslicht zu fahren. Am Heimweg sind vier kleine Füchse an verschiedenen Stellen über die Strasse gelaufen. Was für ein wunderbares Geschenk mitten in der Nacht.

Die Temperaturen bewegen sich zwischen nachts 25 bis tagsüber 35 Grad.  Am 16. Juli hab ich mich meinem Schicksal ergeben und ebenfalls die zweite Sinovac Impfung erhalten. Nun ist es aber auch gut damit. Ab dem 17. Juli haben wir freiwillig das Haus nicht mehr verlassen, da  Kurban Bayramı (Opferfest) samt Ferien bis zum 26. Juli sind. Touristenströme und Autokarawanen, da kann man nur die Türe zumachen und warten, bis es endlich vorbei ist.


in dieser Zeit geniessen wir unser Landleben


wundern uns über die „Architektur“


und bestaunen die Wunder der Natur

Doch von einer Minute auf die andere hat sich unser Leben hier verändert. Am 29. Juli brannte es erneut in Marmaris. Wir hielten den Atem an. Doch noch war es weit weg. Die neu gewonnene Freiheit wollten wir mit Freunden am Orhaniye-Strand begießen. Da hatte sich der Himmel allerdings schon seit Stunden verdunkelt. Doch noch immer wähnten wir das Feuer weit weg, nun allerdings mit Bauchweh und dem permanenten Blick auf unseren Berg.

Als das Feuer dann zu sehen waren, sind wir alle nach Hause und haben das Nötigste gepackt. Als wir unser Häuschen verließen, wussten wir nicht, ob wir es je so wieder sehen. Am schlimmsten war, dass die Katzen unterwegs waren und mir nur die Hoffnung auf ihre natürlichen Instinkte blieb. Das Dorf wurde evakuiert, wir befanden uns im Ausnahmezustand.

Gut wenn man Freunde hat. Vera und Mutalip gewährten uns Quartier für diese Nacht und gemeinsam beteten wir für unser zuhause. An Schlaf war so gut wie nicht zu denken.


Umsomehr genoss ich Othmar, der sich seinen Appetit nicht nehmen ließ


unser Notlager für die erste Nacht

Am nächsten Morgen um 6 Uhr hatte Othmar schon mit der Jandarma gesprochen, wir konnten zurück nach Hause. Doch es war kein schönes Gefühl, wenn der Berg ringsherum brennt. Unser Glück war, dass es ein langsames Feuer war, das auf uns zukam.

Für mich war klar, ich brauch dringend Katzenboxen zum evakuieren. Eine ist einfach bei drei Katzen zuwenig. Meine Freundin Elena in Hisarönü bot mir Hilfe an. Meine Angst schnürte mir die Luft ab und Elena meinte, kommt einfach mit den Katzen zu uns. Und so sind wir am Abend – leider nur mit Möpl und Suse – nach Hisarönü umgezogen. Lieserl ist panisch aus der Box und ich musste sie zurück lassen.


hier konnten wir erst mal Luft holen und das Feuerdrama aus der Ferne betrachten


leider kamen auch hier die Flammen immer näher, doch noch konnten sie gestoppt werden.

Eine unglaubliche Leistung aller Feuerwehrleute, Helfer und Piloten der Löschhubschrauber, die den ganzen Tag hier Wasser aufnahmen um den nächsten Brandherd einzudämmen.

Tag 3 des Feuers (31.07.) – die Temperaturen sind nun schlagartig auf mindestens 43-45 Grad gestiegen und die giftigen Dämpfe hängen über uns wie ein Deckel, schnüren die Luft zum Atmen ab.

Wir sind vormittag zurück nach Orhaniye gefahren und haben die Lage erkundet. Bei uns oben stand die Feuerwehr und viele Helfer, die uns erst mal ein gutes Gefühl gaben. Als erstes suchten wir nach unserem Lieserl, die kam sofort. Ein paar RescueTropfen auf die Stirn und rein in die Katzenbox, diesmal ohne Gegenwehr. Ich denke, sie war noch im Schockzustand, weil wir sie allein zurückgelassen hatten und nur dankbar, dass wir hier waren. Noch schnell ein paar vermeintlich wichtige Dinge eingepackt und zurück nach Hisarönü.

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