April – Zu früh gefreut

Fast haben wir gedacht – gehofft? – es wird einfach langsam wieder besser. Doch ganz schnell stellte sich die Hoffnung als Trugschluß heraus. Schon am 2. April war wieder ab Freitag, 21 Uhr Wochenend-Lockdown. Also die eh schon wenig geplanten Treffen mit Freunden verschieben. Verdrängen funktioniert einfach nicht. Ab 14. April dann generell Ausgang nur noch bis 19 Uhr, natürlich nur für diejenigen, die überhaupt noch raus dürfen. Die Schulen wieder dicht und der Dolmus für ü65 und u20-jährige verboten. Doch noch bin ich trotz allem zuversichtlich.

Das Wetter ist dafür ein Traum, der Winter vorbei. Früh so 15 Grad und tagsüber bis auf 20 Grad. Am 18. April stieg das Thermometer schon auf 26 Grad und seitdem ist hier Frühsommer. Zeit für Veränderung im Haus. Zuerst musste mit dem Diwan etwas passieren. 15 Jahre die gleichen Bezüge – genug ist genug. Und so fanden wir recht schnell einen neuen Stoff. Der musste natürlich erst bestellt werden. Dann alles zum Polsterer und kaum 14 Tage später war es soweit.


von Harmonie keine Spur mehr, mit den Winterdecken alles noch schlimmer


wir sind begeistert und es passt farblich sogar zu unserem Bild aus der DomRep


sogar unser Möppl wirkt nun „edel“

Othmar brauchte dringend einen neuen PC, der jetzige hatte schon Probleme mit den Updates. Also auf nach Marmaris. Es ist ja immer spannend, einen guten Laden mit Leuten zu finden, die auch eine Ahnung haben. Beim Ersten waren wir guter Dinge, allerdings warten wir da bis heute noch auf ein Angebot. Also Tage später wieder rein und den nächsten Laden testen. Die waren dann total hilfsbereit und der Verkäufer rief sogar eine deutschsprachige Freundin wegen den Details zum Übersetzen an. So geht es also auch. Am nächsten Tag war schon das Angebot da und die Emails gingen hin und her. Leider hat es unseren Verkäufer mit Corona erwischt und er musste zehn Tage in Quarantäne. Er ist übrigens der Erste, den wir mit Corona erleben. Also hieß es, erst mal abwarten. Klar war, dass wir bei ihm kaufen. Jetzt erst recht. Nach seiner Genesung wurde bestellt und er hat sich riesig gefreut. Und – uns hat es nicht erwischt.

Da es täglich wärmer wurde und die Nächte mit meinem Daunenbett unerträglich, machte ich mich an den jährlichen Frühjahrsputz. Fünf Tage war ich beschäftigt, die Fenster vom Wüstensand und das Wohnzimmer von den rußigen Rückständen  unseres Holzofens zu befreien. Die Waschmaschine lief derweil auf Hochtouren. Nun bin ich endlich durch und alles strahlt wieder – ich auch.

Schön, wenn man gute Freunde hat, die mal ein Schiff von Griechenland nach Marmaris überführen. Unser Herbert war natürlich dort auch bei Lidl und hat uns ein Gourmetfest beschert mit Käse und Schinken – danke dafür.


so glücklich sieht man aus, wenn man in ein Camembert-Brot reinbeißt

Auch im Garten ist es nun traumhaft. Alles blüht und wird täglich schöner.


überall eine Farbenorgie

Unseren verschobenen Ausflug nach Sögüt holten wir nun am 26. April nach. Das Wort „Kurzurlaub“ hat für mich eine ganz neue Bedeutung bekommen. Wir hatten ja nur vier Stunden zur Verfügung. Die nutzten wir allerdings richtig aus. Um 9.30 Uhr sind wir schon gestartet und kaum 50 Minuten später waren wir da. Was für ein herrliches Gefühl, nach über einem halben Jahr mal wieder in die andere Richtung zu fahren. Und dann so liebevoll begrüßt zu werden. Die Beiden haben wirklich einen paradiesischen Platz mit diesem gigantischen Meerblick. Und Reni`s Garten war in voller Blüte mit den Wildblumen.


so fühlt sich Freiheit an
die tickende Uhr einfach verdrängen


die üppige Natur mit dem großen Löffel reinziehen


und gute Freunde geniessen


dazu noch eine superleckere Pizza


und ein Flan (ich kenne es als Crema Katalana) – mein Leben dafür „so lecker“

Nun zehren wir von diesen wunderbaren Erinnerungen, denn ab sofort ist es wieder vorbei mit lustig. Seit 29. April ab 19 Uhr fährt die Türkei alles runter bis zum
17. Mai. Raus nur noch zu Fuss für notwendige Lebensmittel. Für mich fast unerträglich. Ich merke wie alte Geister mich gefangennehmen und mir die Luft abschnüren. Einsperren geht gar nicht. Selbst beim ersten Lockdown vor einem Jahr durften die unter 65-jährigen noch begrenzt raus. Ich habe damals Othmar nur bedauert, als er und alle ü65-jährigen zwölf Wochen weggesperrt waren. Am 27. bin ich spontan nach Marmaris auf eine Abschiedstour. Das war bitter nötig, um mich mit dieser Situation auseinanderzusetzen. Mich noch auszutauschen mit meinem Friseur, mit unserer Übersetzerin und eine Freundin zu treffen. Menschenschlangen vor jeder Bank, ebenso bei der Behörde da viele noch eine Reisegenehmigung zur nächsten Provinz wollten. Die Supermärkte brechend voll und kilometerlange Autokolonnen zu uns auf die Halbinsel und nach Datca. Nun geht es mir besser und ich füge mich dem unausweichlichen. Gestern waren wir noch zum Großeinkauf am Bazar und ich verbrachte den restlichen Tag in der Küche mit Verräumen und Vorkochen.

Ab heute sitzen wir also fest und die Ruhe stellt sich nun langsam auch bei mir ein. Wir werden häufig zu unserem nächsten Bakal laufen und ein Brot kaufen, Sport machen und den Garten geniessen. Das Wetter streichelt meine Seele und ich lass mich in diese für mich neue Situation reinfallen und mache wie immer halt das Beste daraus. So viel Schönes um uns herum, da hat  Trübsal wirklich keine Chance. Und ich bin nicht alleine, dank Whatsapp können wir uns hier bestens austauschen und schon ist alles nur noch halb so schlimm. Nun hoffen wir halt auf die Zeit nach Bayram, denn schlimmer kann es hoffentlich nicht kommen.

 

 

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