Februar – Abschied, Kältewelle

Ein besonderer Mensch ist gegangen. Wir haben den türkischen Vater unserer Freundin vor bald sechs Jahren hier kennengelernt. Ich sehe ihn noch vor mir. Immer ein verschmitztes Lächeln im Gesicht. Und erzählen konnte er. Herrlich spannende Geschichten von der Türkei. Seine Köfte unübertroffen. Doch vor drei Monaten fiel er mit seinen 83 Jahren einfach ins Koma. Viele Wochen liebevoll zuhause von seiner Familie gepflegt. Immer wollte ich ihn besuchen. Geschafft hab ich es wirklich in letzter Minute. Fast unverändert sein Gesicht. Spürbar, wie gern er gehen möchte, doch nicht kann. Ich sprach mit ihm, weinte, fühlte. Legte meine warme Hand auf seine kühle Wange. Ein schönes Gefühl. Danke, dass wir dich kennenlernen durften. Doch nun geh, geh über den Regenbogen.

Ein paar Stunden später ging er. Gestern war die Beerdigung, keine 24 Stunden später. Wir trafen uns mit der Familie. Fuhren zur Moschee. Das Mittagsgebet war fast zu Ende. Der Sarg stand schon auf dem Vorplatz. Der Hodscha kam, sprach die Gebete. Dahinter standen die Männer in Reihen. Die Frauen etwas weiter weg. Alles zwanglos. Der Sarg, der nur für den Transport benützt wird, wurde hochgehoben. Die Männer bildeten eine Gasse. Der Sarg wanderte nun von einem zum anderen. Ein schönes Abschied nehmen. In einem offenen weißen Wagen wird er zum Friedhof gebracht. Dieser liegt an einem Hang von vielen alten hohen Bäumen geschützt. Der Tote wird nur mit seinem Leichentuch umhüllt in die Erde gebettet. Mit dem Gesicht nach Mekka. Wieder werden Gebete gesprochen. Der Leichnam wird durch Bretter und Kies geschützt. Dann schaufeln bald zehn Männer abwechselnd langsam die Erde in die Grube. Ein friedlicher Abschied. Mit den Handflächen nach oben wird gebetet, immer wieder. Am Ende werden frisch geschnittene Zweige über der Ruhestätte verteilt. Nie zuvor haben wir solch eine natürliche Bestattung erlebt. Tiefe Ruhe erfüllte uns. Trauer gemischt mit Dankbarkeit und Lebensfreude. Schön, dass es auch einen lebensnahen Abschied gibt – ohne „Bestattung Friede“ mit dem ganzen Brimborium.

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Kältewelle

Die europäische Kältewelle macht auch vor der Türkei nicht halt. Eisige Temperaturen bei uns im „Sommerhaus“. Früh 11 Grad in den Räumen sind nicht mehr lustig. Nachtfrost zwischendurch. Die Wassertränke von den Schafen ist zugefroren. Thermowäsche wird nun doppelt getragen. Unser Nordwind Poiras quält auch ganz ordentlich. Beim letzten Sturm kam das Meer wieder mal von  beiden Buchten über unser Haus. Jetzt sind wir konserviert und die Fenster blind. Alle Jahre wieder und doch anders.

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Windstärke 11 bringt das Meer zum Kochen

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Othmar blickt skeptisch……

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…… zu den durchgeknallten Stromkabeln die uns über 48 Stunden ohne Strom beschert haben

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unsere „Kalapuna“ ging auf Wanderschaft und hat einige Schäden abbekommen

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immer wieder Hagelschauer

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zum Aufmuntern dann häufig herrliche Regenbögen

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